Marvel hat es getan! Sie haben den König von Wakanda in einem bildgewaltigen Spektakel auf die große Leinwand gebracht. „Black Panther“ ist genau der richtige Film zur richtigen Zeit. Das gilt aber nicht nur für das M.C.U.! Denn „Black Panther“ setzt nicht nur auf Effekte, er regt zum Nachdenken an. Mehr noch: Er ist ein Zeichen.
Ehe ich mich am Wochenende aber hinsetze und auf den Film selbst eingehe, möchte ich noch einen Aspekt aufgreifen, der im Vorfeld nahezu überall – völlig zurecht – diskutiert wird. „Black Panther“ ist für eine bislang unterrepräsentierte Minderheit in Hollywood-Produktionen ein ganz wichtiges Signal. Es geht auch anders! Und wie!
Regisseur Ryan Coogler hat es geschafft Marvels erstem schwarzen Superhelden eine ganz große Bühne zu bauen. Dabei die Balance zwischen Futurismus und afrikanischer Tradition so vieler Einflüsse zu halten und eine Marvel-taugliche Story zu liefern, das war eine unfassbare Herausforderung. Diese hat Comic-Fan und „Black Panther“-Enthusiast Coogler gemeistert. Er hat einen absolut erwachsenen Film geliefert, der trotzdem als Comic-Verfilmung funktioniert und sich in die große Erzählung des M.C.U. einfügt.
„Black Panther“ ist ein Lead, kein Sidekick
Im Vorfeld des Films habe ich mich durch etliche Artikel gewühlt, die die Bedeutung des Films „Black Panther“ für Afroamerikaner und Afrikaner beschreiben. Seit zehn Jahren liefert uns Marvel einen Superheldenfilm nach dem anderen. Nur sind die Akteure fast immer Weiße. „Iron Man“, „Captain America“, Thor“, „Bruce Banner“ als „Hulk“, „Black Widow“, „Hawkeye“ … Der Grund-Cast der „Avengers“ ist alles, außer divers. Selbst wichtigere Figuren wie „Sam Wilson“ (Anthony Mackie) als „Falcon“ oder „Lt. James ‚Rhodey‘ Rhodes“ (Terrence Howard bzw. Don Cheadle) als „War Machine“ sind in den „Iron Man“- und nun auch „Avengers“-Filmen nur die schwarzen Sidekicks. Sie sind keine Protagonisten. Sie ergänzen den Cast, führen ihn aber nicht.
Eine Figur wie „Luke Cage“ hat in der Netflix-Produktion in den meisten Folgen überzeugen können und immer wieder auf das kulturelle Erbe schwarzer Amerikaner und ehemaliger Sklaven hingewiesen. Das war in dieser Konsequenz auch schon ungewohnt, aber wichtig für alle, die endlich eine neue, starke schwarze Heldenrolle suchten. Doch auch er war „nur“ eine Serienfigur, die im großen Universum Marvels eine kleine Rolle auf „Street-Level“ spielt.
Dabei mangelt es weder Marvel noch DC Comics oder der Popkultur an sich an schwarzen Helden mit fiktivem Hintergrund: „Black Panther“ (natürlich), die genannten „Falcon“ und „War Machine“, „Luke Cage“, aber auch „Lt. Uhura“ aus „Raumschiff Enterprise“, weitere Comic-Figuren wie „Black Lightning“ – zu dem ich auch noch bloggen werde –, „Static“, „Kamala Khan“ als „Ms. Marvel“, „Spawn“, „John Stewart“ als „Green Lantern“, „Steel“, … ja sogar „Shaft“ würde funktionieren.
Der letzte „Black Lead“ einer Comic-Verfilmung in einer Größenordnung wie „Black Panther“ war allerdings Wesley Snipes als „Blade“ in der gleichnamigen Trilogie, die 1999 begann. Wäre es damals jedoch nicht Marvels letzte Kugel im Revolver gewesen, um doch noch aus Comics gute Filme zu machen, wer weiß, ob es dieses R-Rated-Feuerwerk des Vampiremetzelns überhaupt gegeben hätte. Denn selbst in diesem Setup war Snipes zwar der Lead, aber von einem fast ausschließlich weißen Cast umgeben. Snipes wurde als „Daywalker“ also noch eher zu etwas Besonderem stilisiert, als er ohnehin schon war. – Fun Fact: Wesley Snipes hatte sich in den 1990ern schon darum bemüht einen „Black Panther“-Film zu realisieren.
„So fühlt sich das also an …“
Ich weiß um die Ironie. Als weißer Mann ist es mir in dieser Welt vergönnt mich in nahezu jede Situation begeben oder Figur in Film, Fernsehen und Literatur hineinversetzen zu können, da so vieles dazu beiträgt, dass ich mich repräsentiert und niemals gefährdet fühle. Ein Film wie „Black Panther“ ist für mich ein Kaleidoskop an neuen Eindrücken und Einflüssen … Für all die „People of Colour“ ist es das erste Mal, dass sie einen Superheldenfilm in dieser Dimension erleben und es sich für sie völlig normal anfühlen darf, dass mit Martin Freeman in seiner Rolle als CIA-Agent „Everett Ross“ und Andy Serkis als Waffenhändler „Ulysses Klaue“ zwei Weiße die Außenseiter sind.
Im Übrigen ein ähnlicher Ansatz, wie man ihn bei „Jessica Jones“ verfolgt. Eine starke Heldin, umringt von tollen weiblichen Charakteren, während die Männer entweder Love Interest oder Plot Device sind. Auch das kriegt Marvel mittlerweile (auf Serien-Level) hin und schafft es wie auch DC sein „Lack of Diversity“ in den Comics und Filmen bzw. Serien auszumerzen.
„Black Panther“ liefert nun aber mit seinem großartigen Cast eine lebendige, starke Vision eines Afrikas, das frei von den Folgen der Kolonialisierung, Einflüsse von Außen und Unterdrückung einer lebendigen Kultur ist. Auf einmal sind da aber unzählige schwarze Helden wie auch Bösewichter, aus denen man auswählen kann. Klar, Chadwick Boseman als „T’Challa / Black Panther“ und Michael B. Jordan als „Eric Stevens / Killmonger“ sind die Akteure, um die sich die Story dreht. Getragen wird der Film aber vom weiblichen Cast. Lupita Nyong’o als „Nakia“ und Danai Gurira als „Okoye“ als stolze Kämpferinnen der Kriegerinnengarde „Dora Milaje“, Angela Bassett als ehrwürdige „Königin Ramonda“, … Allein Letitia Wright als „Shuri“ mit dem besten Labor und technischen Einfallsreichtum seit Tony Stark ist für mich ein einziger großer Quell der Freude. Sie stahl nahezu jede Szene, wenn sie im Bild war. Daniel Kaluuya, Winston Duke, Sterling K. Brown, … sie alle ergänzen das Puzzle nahezu perfekt.
So viel Stolz auf die eigene Kultur und Tradition in einem Film zu verbinden, ist wahrlich beeindruckend. Es trifft einen Nerv, der ganz lange wund schien, nun aber etwas Linderung erfährt. Allein gestern Abend beim ersten Screening im Savoy waren dutzende Kinobesucher, die im bunten Mix aus Streetwear und afrikanischer Mode auftauchten. Zumindest aber Ethno-Elemente in ihre Outfits einwoben. Wer es nicht glauben mag, dass ein Film eine solche Wirkung haben kann, sollte sich mit der Geschichte hinter dem Hashtag #WhatBlackPantherMeansToMe auseinandersetzen, der seit einigen Tagen die Timelines durchzieht.
Das Konzept Afrofuturism schafft etwas für uns komplett Neues
Ryan Coogler und sein Team haben Science Ficton mit afrikanischer Tradition verbunden und so das Konzept des Afrofuturismus auf technischer, konzeptioneller und visueller bis hin zur gesellschaftlichen Ebene nahezu durchgespielt. [Ergänzender Lesetipp dazu: Black Panther isn’t just another Marvel movie – it’s a vision of a future led by Blackness]
Das „World Building“ für Wakanda ist atemberaubend. Das letzte Mal, dass wir so unmittelbar in eine uns komplett fremde Welt geworfen wurden, war im ersten „Thor“-Film mit dem ersten Blick auf Asgard. Alles war so über die Maßen prächtig, schimmernd und schön, dass es fast weh tat. Das war kein Vergleich zu den noch bunteren Szenen, die Jack Kirby für „Thor“ in den Comics etablierte. Aber wie sich in den weiteren Filmen herausstellte, war Asgard in all seinem Glanz und Kriegstreiben im Sinne eines universellen Friedens so selbstgefällig, dass es nahezu folgerichtig nur untergehen kann.
Wakanda hingegen wird uns als verstecktes El Dorado vorgestellt. Abgekapselt von der Außenwelt, auf seinen reichen Vibranium-Vorkommen aufbauend, hat sich ein technologisch hochentwickeltes Land entwickelt, das alles in den Schatten stellt, was Marvel bislang auf der Erde verortet hat. So klappte meine Kinnlade auch dieses Mal runter. Allerdings fühlte sich das alles trotzdem geerdeter an, echter. Und dann war da noch die Story …
Aber dazu komme ich dann am Wochenende. So oder so, „Black Panther“ ist ein ungemein wichtiger Film mit einer starken Botschaft, die aktueller nicht sein könnte. Nettes Add-On aus Sicht eines M.C.U.-Nerds: „Black Panther“ beweist, dass auch ein Comic-Film eine politisch starke Message haben kann, ohne etwas von seiner Popcorn-Attitüde zu verlieren und seiner Vorlage gerecht zu werden.
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